Tansanias vergessene Südküste

An der Südküste Tansanias wird es ruhig. Abseits der Touristenströme aus dem Norden von Tansania, südlich von Dar-es-Salaam bis zur Grenze zu Mosambik, liegen historische Schätze verborgen: eine Entdeckungstour!

Es ist genau das, was ich gesucht habe: ruhige Orte, abgelegen von den Touristen-Highways durch die Nationalparks und authentischer. Es sind die Überreste von arabischen und portugiesischen Handelsstraßen, Palästen omanischer Sultane und hier und dort hinter Bäumen verborgen deutscher Kolonialbauten. Man muss schon genau suchen, wenn man manche Gebäude finden möchte und ohne Guide wird es schwer, an Informationen zu kommen.

Meine Reise trägt mich aus dem „kalten“ Arusha über Dar-es-Salaam nach Süden. Die Busfahrt ist lang und da kaum Touristen nach Süden reisen ist die Informationslage (auf Englisch) mau. Ich frage mich also in Dar-es-Salaam durch und finde im zweiten Anlauf die richtige Bushaltestelle für die Fahrt nach Süden: Mbgala Temeke, mein erster Anlaufpunkt, fährt ganz nach Süden durch und die Fahrt würde an der Nangurukuru Kreuzung enden, wo man nochmal umsteigen muss. Ich fahre also direkt durch nach Kilwa Masoko. Vorbei komme ich an Kilwa Kivinje. Ein Ort, eingeschlafen nach dem Niedergang der deutschen Kolonialherrschaft, beherbergt heute nicht mehr als Ruinen des Verwaltungssitzes und einige andere Gebäude. Kilwa Masoko hat heute die ehemalige Rolle übernommen und erstreckt sich entlang der einzigen Hauptstraße auf der Halbinsel bis diese am Hafen endet.

Kilwa Kisiwani

Vom Hafen aus steige ich in ein Motorboot um und fahre die letzten 1 1/2 Kilometer weiter nach Kilwa Kisiwani, aber nicht ohne dass ich vorher den District Commissioner gefunden habe. Er ist der einzige, der mir das heiß begehrte Eintrittsticket ausstellen darf. In seinem Buch sehe ich, dass ich der erste Tourist seit 5 Tagen bin und werde auch schon sehnlichst von meinem Guide erwartet. Die Insel sei zu kompliziert für Touristen, die sich sonst auf den unausgeschilderten Pfaden verlaufen würden. Aber die Attraktionen sind gut beschildert und die Renovierungsarbeiten, die erst letztes Jahr abgeschlossen wurden, haben wunderbar hergerichtete Ruinen hinterlassen.

Kilwa Kisiwani

Kilwa Kisiwani

Ich gebe mit meinem Boot dem Dorfvorsteher der Insel eine Mitfahrgelegenheit und er betet für mich für gutes Wetter. Es ist den ganzen Tag schon diesig und am Horizont ziehen dunkle Wolken auf. Meine Tour soll fast zu Ende sein, da fängt es an zu schütten. Er hat also gute Arbeit geleistet. Vielleicht hätte ich ihm noch ein Tee anbieten sollen.

Mangrovenwälder umgeben die Insel Kilwa Kisiwani

Mangrovenwälder umgeben die Insel Kilwa Kisiwani

Das Boot legt etwas vor der Küste an und wir müssen die letzten Meter durch einen Mangrovenwald wate, bevor wir vor dem Palast Husuni Kubwa stehen. Einer einst beeindruckenden Anlage des Sultans al-Hasan bin Sulaiman aus dem 14. Jahrhundert. Über den privaten Eingang des Sultans erreichen wir den königlichen Teil der Anlage. Neben einem Pool und einem eigenen Brunnen, befinden sich hier öffentliche Empfangsräume und eine kleine private Moschee. Direkt im Anschluss befindet sich der Handelsplatz.

Knapp zwei Kilometer Fußmarsch entfernt liegen die weiteren Ruinen der Insel, welche seit 1981 zum UNSECO-Weltkulturerbe gehören. Der Weg führt durch einen kleinen Ort aus Lehmhäusern und dem ältesten, aber noch genutzten, Süßwasserbrunnen der Insel.

Wir erreichen zuerst die Gräber der Kilwa Sultane und kommen an der Jangwani Moschee vorbei, deren Überreste bestehend aus Grundmauern und einigen Gewölbeblöcken nur noch eine Moschee erahnen lassen.

Makutani Palast auf Kilwa Kisiwani

Makutani Palast auf Kilwa Kisiwani

Nur einen kurzen Fußweg entfernt öffnet sich das Gelände und der Blick wird frei auf die kleine Moschee und den Makutani Palast aus dem 18. Jahrhundert. Die große Mauer und die dicken Wände des Palastes zeugen von der Angst der Bewohner. Obwohl die Omanis Handelspartner waren, stellten sie eine Gefahr der suahelischen Handelsherrschaft dar. Die Mauer umschließt ein großes Gelände und bietet somit Platz für Gärten und Orchideen.

Das Highlight der Insel ist die große Moschee. Die ersten Fundamente wurden im 11. Jahrhundert gelegt und bis ins 18. Jahrhundert wurde die Moschee immer wieder erweitert. Sie stellte damals die größte Moschee an der afrikanischen Küste dar und beeindruckt heute noch durch ihren guten Zustand.

Große Moschee auf Kilwa Kisiwani

Große Moschee auf Kilwa Kisiwani

Am Ende der Tour erreichen wir die Festung von Kilwa (Gereza). Von den portugiesischen Mauern von 1505 ist nur noch ein Turm erhalten. Das Gebäude strotzt nun von omanischer Baukunst und Architektur aus dem frühen 19. Jahrhundert.

Gereza - Portugiesische Festung

Gereza – Portugiesische Festung

Lindi

Meine Fahrt entlang der Küste bringt mich nach Lindi. Nur drei Busstunden von Kilwa Masoko entfernt, liegt es an einer Flußmündung.

In deutscher Kolonialzeit war Lindi Hauptstadt der südlichen Region Tanganyikas. Heute ist die Stadt ungefähr zehn Mal größer, aber nichts deutet auf seine ehemalige Geschichte hin. Man muss schon entlang der Küste suchen gehen. Die deutschen Kolonialgebäude sind einfach zu finden, aber es befinden sich keine Beschreibungen, die auf die Nutzung hindeuten.

Deutsche Boma in Lindi

Deutsche Boma in Lindi

Mit Erlaubnis zweier Arbeiter, betrete ich die verwachsene und fensterlose Runie der deutschen Boma. Sie ist in gutem Zustand, einige Terrassen sind eingestürzt, aber man fühlt sich immer noch in alte Zeiten zurück versetzt, wenn man die große, weiße Eingangstreppe hinaufsteigt.

Ruine an der Küste von Lindi

Ruine an der Küste von Lindi

Mikindani

Kurz vor Mtwara mache ich nochmal Halt in Mikindani. Die Stadt selbst wurde von den Omanis im 9. Jahrhundert gegründet und von hier aus aktiv Sklavenhandel betrieben. Unterhalb der deutschen Boma von 1895 ist noch der Sklavenmarkt erhalten.

Old Boma - Deutsche Festung in Mikindani

Old Boma – Deutsche Festung in Mikindani

Die Stadt selbst liegt in einer natürlichen Bucht, die sich hervorragend als Hafen eignet, aber leider nur für kleinere Schiffe. Dies bescherte dann auch den Untergang der Stadt, da Mtwara sich besser als Hafen für große Schiffe eignete. David Livingston, der große Afrikaforscher, startete von hier aus seine letzte Expedition 1866, bevor er im Jahr 1873 während der Expedition verstarb.

Im Ortskern sind noch viele Zeugnisse arabischer Einflüße zu finden. So zum Beispiel wunderschöne Schnitzereien an Türen. Die Ketten am linken Rand stehen dabei für den Sklavenhandel und die Blumen heißen Besucher willkommen.

Arabischer Charme in Mikindani

Arabischer Charme in Mikindani

Neben vielen kolonialen Gebäuderuinen entlang der Küstenstraße ist aber die deutsche Boma das beeindruckendste Gebäude. Sie liegt auf einem Hügel oberhalb des Sklavenmarktes, der Bank und dem Livingston-Haus. Sie wurde wundervoll restauriert und beherbergt nun ein Hotel. Die Angestellten führen einen gerne durch das Gebäude und wenn das Turmzimmer nicht gerade belegt ist, kann man sogar vom Turm aus die Landschaft, die Bucht und die Stadt bewundern.

Old Boma - Leckeres Essen und großartige Aussicht

Old Boma – Leckeres Essen und großartige Aussicht

Mtwara

Meine Reise entlang der Küste Tansanias endet in Mtwara, meinem Tor nach Mosamibik.

Schon der nördliche Teil hat mich sehr beeindruckt und die Zeugnisse deutscher Geschichte sehr bewegt, der südliche Teil mit seinen multikulturellen Einflüßen ist ein wahrer vergessener und übersehener Schatz in Tansania.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert