Der Reisealltag als Rucksackreisender ist sehr abwechslungsreich. Bei mir ist jeder Tag ein Unikat. Dabei gibt es bei mir nur eine gewisse Grundplanung. Ich weiß meist nicht, was am nächsten Tag passiert, was ich tun werde oder wen ich treffe. Da ich immer mal wieder lange und kurze Reisen antrete, könnte man denken, es gibt einen Unterschied im Reisealltag während der Reise. Ich persönliche sehe keinen. Nur die Vorbereitung, der Inhalt meines Rucksacks und der Umgang mit Ressourcen ist ein klein wenig anders.
Die Vorbereitung
Ich packe generell für jede Reise gleich. Mein Rucksack enthält immer nur das nötigste und ist meist so funktional ausgelegt, dass ich von warm bis kalt, hoch oder tief alles unternehmen kann. Selbst bei einem Wochenend-Trip ist mein Rucksack grundsätzlich nicht kleiner oder größer. Natürlich habe ich auf längeren Reisen vielleicht etwas andere Kleidung dabei oder bei kürzeren Reisen etwas speziellere Dinge, wie Wanderstöcke oder einen Schlafsack, oder bei längeren Reisen in abgelegene Gegenden etwas mehr Gegenstände für den Notfall.
Bei längeren Reise ist der Aufwand in die Gesamtplanung (siehe auch „Countdown Afrika: 4 Monate vor der Abreise„) etwas größer. Aber der Reisealltag ist dennoch sehr spontan.
Der erste Tag
Der erste Tag einer Reise ist für mich immer der aufregendste. Meist ist der Tag mit einem langen Flug oder einer langen Zug- oder Busfahrt verbunden. Außerdem kommt man meist in einer neuen Umgebung an. Man muss sich orientieren, sich den lokalen Gegebenheiten anpassen, sich mit Taxis, Buslinien, Straßen, der neuen Sprache und anderen Dingen anpassen. Das ist immer anstrengend. Deshalb habe ich zwei Dinge, die ich versuche immer vorher zu arrangieren.
- Die Ankunft versuche ich immer Vormittags hinzubekommen. Das hängt natürlich von den Flügen, Zügen oder Bussen ab. Das hat den Vorteil, dass man den Tag noch nutzen kann und Zeit hat, ich anzupassen. Ich finde nichts schlimmer, als sich Nachts ohne Ortskenntnisse durch einen Großstadt Dschungel zu schlagen. Ich möchte nicht gleich am ersten Tag total gestresst sein.
- Für die ersten beiden Nächte buche ich immer ein Hostel vor Abreise. Es gibt Ausnahmen, aber ich sehe hier nur Vorteile für meinen weiteren Reiseverlauf. Mein Hauptgrund ist, ich weiß wo ich hin muss und habe ohne langes Suchen einen Ort, an dem ich ankommen und mich erst mal ausruhen kann. Bei mir schwingt immer etwas Aufregung mit, wenn ich eine Reise starte und das beruhigt mich.
Weitere Vorteile einer Unterkunft sind:- Ich habe eine Adresse, die ich im Visaformular angeben kann. Viele Länder fordern bei Einreise eine Adresse auf dem Einreiseformular. Wenn ich schon unterwegs bin, habe ich zumindest bei Flügen in neue Länder immer eine Adresse (vielleicht sogar ohne Reservierung) im Gepäck, die ich für solche Fälle nutze.
- Ich kann am Flughafen, Bahnhof oder Bushalt die ganzen Schlepper umgehen und zielstrebig den Flughafen verlassen.
- Taxifahrern kann ich eine Adresse oder einen Stadtteil nennen. Hier liegt der Vorteil klar auf der Hand. Wie bei den Hotelschleppern, versuchen Taxifahrer meist ein Hotel/Hostel/Guesthouse zu vermitteln, wo sie Provision bekommen. Dazu gehen sie sogar so weit, zu sagen, dass das Hostel nicht existiert, abgebrannt ist oder schon ausgebucht ist. Wenn ich eine Reservierung habe und mir kommt so ein Taxifahrer unter, so gehe ich einfach weiter und frage den nächsten.
- Vielleicht bietet die Unterkunft einen Abholservice an. Das kann unter Umständen billiger sein als ein Flughafentaxi. Hier kann man aber sicher sein, dass man an den richtigen Ort gebracht wird. Idealerweise hat man sogar den Namen des Fahrers oder dieser Hält ein Schild mit dem Namen hoch. Ich habe von Fällen gehört, wo andere Fahrer so getan haben und Leute dann doch nicht zum richtigen Ort gebracht haben. Deshalb lieber nochmal nachfragen.
Alle Punkte zusammen sind für mich einfach nur ein Faktor ruhig und stressfrei in die Reise zu starten. Wenn man natürlich die Umgebung kennt, die Sprache spricht, die Gepflogenheiten kennt und die Sprache spricht, dann kann man hier auch spontaner sein.
Mein Reiseplan
Vor Abreise habe ich meist nur eine wage Vorstellung von dem Ort, dem Land und der Gegend. Einige Pflicht-Sehenswürdigkeiten und die Highlights kenne ich. Aber wie ich dort hin komme, welche Reihenfolge und wann ich was mache ist vor Abreise meist sehr ungenau. Es ist meiner Meinung nach verschwendete Zeit schon aus der Ferne sich um Busse und Züge zu kümmern. Vor Ort ist es immer leichter sich zu orientieren und „verlässliche“ Informationen zu bekommen.
Um meinem „Reiseplan“ in Form zu bringen nutze ich die ruhige und geplante Abreise. Dabei nutze ich einen praktischen Nebeneffekt von großen „Touri-Umschlagplätzen“: Die erste Unterkunft ist meiste die Letzte! Nicht für mich, aber für andere. Es gibt immer andere Rucksackreisende, die gerade ihrer Reise beenden und diese trifft man dann in der eigenen „ersten“ Unterkunft. Sie sind die beste Quelle für Informationen. Außer sie waren sehr faul, sind sie meist viele verschiedene Wege gegangen. Der Lonely Planet nennt diese Pfade gerne „On the beaten track“, also auf dem ausgetrampelten Pfad: der Pfad der Rucksacktouristen durch die Länder. Diese Informationsquellen zapfe ich begierig an und notiere mir alles was sie mir erzählen: von Unterkünften, guten Touren, Organisatoren, Restaurants, Busabfahrzeiten und eigentlich alles.
Nach ein bis zwei Tagen unter diesem Einfluss bildet sich ein gutes Bild und ein grober Plan entwickelt sich. Die Kunst liegt meiner Ansicht nach darin sich zu entscheiden. Alles kann man meist nicht sehen und machen. Hier ist meist auch Spontanität gefragt.
Endlich Spontan?
Alles was ich bisher beschrieben habe klingt nicht ganz nach Spontanität im Reisealltag. Richtig! Aber für mich gehört es dazu. Vielleicht bin ich zu Deutsch oder einfach nur Ordnung liebend. Für mich geht Spontanität und Planung einher. Ein ausgewogen gepackter und durchdachter Rucksack bietet mir die Möglichkeit alles zu machen ohne lange Nachdenken zu müssen. So kann ich immer spontan einen Berg besteigen oder Tauchen gehen ohne lange über Ausrüstung nachdenken zu müssen. Auch einer Fahrradtour oder einem Tag am Strand steht nie was im Wege. Die Spontanität kommt immer mit dem Kontakt mit Menschen. Sei es mit anderen Rucksackreisenden oder mit Einheimischen. Daher ist mein Reiseplan immer offen und besteht nur aus Ideen, die ich auf dem Weg gesammelt habe.
Ich buche die Unterkünfte selten vorher. So halte ich mir immer die Option offen länger an einem Ort zu bleiben oder früher abzureisen. So kam es schon vor, das ich eine Nacht geplant hatte und fünf Nächte geblieben bin (Fiesta in Potosi) oder das ich zwei Nächte bleiben wollte und spontan in einen Bus in den nächsten Ort gesprungen bin, weil ich in der Stadt nichts spannendes mehr gefunden habe. Ich habe schon oft die Route geändert oder den Tag anders verbracht, als ich gedacht habe.
Ich kann es mir aktuell nicht vorstellen mir das Korsett einer komplett „geplanten“ Reise anzuziehen. Gerne lasse ich mich hier belehren und überraschen. Für manche Arten von Aktivitäten ist sehr vielleicht sinnvoll. So bin ich nicht gegen Safaris, Wandertouren oder Tagesausflügen mit gesetzten Zeitplan. Ab einem gewissen Punkt der Reise ist es auch angenehm sich keine Gedanken über die Planung machen zu müssen. Aber die Mischung ist das Wichtige und die Möglichkeit sich selbst diese Touren vor Ort zusammenstellen zu können.
Die Reisegefährten
Die Menschen auf dem Weg sind mein Ziel und die Spontanität ergibt sich aus dem zufälligen Treffen mit Menschen, sei es dem Rucksackreisenden mit ähnlichen oder gegensätzlichen Zielen oder dem Einheimischen, der eine Möglichkeit öffnet tiefer in die Kultur des Landes einzutauchen.
Ich gehe immer sehr offen und kontaktfreudig auf meine Umwelt zu. Im Flugzeug habe ich schon auf dem Hinflug Menschen kennengelernt und die nächsten sieben Tage der Reise zusammen bestritten oder am Flughafen ein Taxi in die Stadt geteilt. Im Bus habe ich Menschen kennengelernt, die mir im neuen Ort bei der Orientierung zu Seite standen. Im Hostel wurde ich gefragt, ob ich nicht Lust hätte einen Berg zu besteigen und somit bot sich mir die Möglichkeit, die ich alleine nicht wahrgenommen hätte. Durch Zufall und wider aller Planungen bin ich von einem Guide zu dem größten Tanzfest als Tänzer eingeladen worden. Mit festen Reiseplänen, fixen Daten und Reservierungen hätte ich viel nicht erleben können, da ich was anderes „geplant“ hätte.
In Nepal bot sich mir die Möglichkeit statt einem Wandertag zu bestreiten einen spontanen Rasttag einzulegen und an der Bhai Tika Zermonie teilzunehmen.
Ich habe schon oft meine Route geändert und Weggefährten noch ein, zwei Tage länger zu begleiten, auf Weggefährten gewartet um einen neuen Abschnitt der Reise nicht alleine antreten zu müssen oder auf 24 Stunden Busfahrt nicht alleine zu sein.
Stress im Urlaub
Der durchgeplante Urlaub lässt wenig Spielraum für Unvorhersehbares. Bleibt das Auto liegen, kommt der Zug zu spät oder ist die Unterkunft einfach nicht schön, so ist schnell der gesamte Urlaub oder die Reise in Gefahr. Ich finde es stressig einem Zeitplan hinterher zu rennen. Dazu kommt dann noch, das man vorher nie wissen kann, ob es mir gefällt oder nicht. Plane ich nun zu wenig oder viel Zeit oder gleich die falschen Aktivitäten ist der Urlaub nicht mehr erholsam und macht keinen Spass.
Hier tritt wieder mein Ansatz der „Reiseidee“ in den Vordergrund. Ich habe nur eine grobe Idee, was ich machen möchte und ärgere mich somit weniger, wenn etwas nicht klappt und kann auch spontan umplanen. Die Unterkunft kann ich mir zum Beispiel vor Ort anschauen und mich auch an Tipps halten, wo man die beste Wohlfühloase oder das beste Hostel findet. Wenn es mir nicht gefällt, dann ziehe ich einfach weiter. Ich lasse mich also nicht durch Dinge stressen, die ich sowieso nicht beeinflussen kann.
Was ist nun Spontan?
Spontan legt natürlich jeder anders aus. Jeder braucht etwas anderes und jeder geht mit anderen Zielen an eine Reise. So ist man natürlich von seinem Gesamtplan eingerahmt. Ein Reisender mit drei Wochen hat weniger Flexibilität Wochen an einem schönen Strand zu verbringen, wenn er viele Dinge auf seiner Sightseeing- und Erlebnisliste hat. Dann ist die Spontanität auf einer täglichen Basis vorherschend.
Ein Weltreisender hat hier viel mehr Möglichkeiten den Tag und die Zeit zu verbringen. Ich finde es nur wichtig sich nicht vor Abreise zu viele Gedanken zu machen und vor Ort die Umgebung auf sich wirken zu lassen und sich dann von den Dingen, die einem Gefallen, treiben zu lassen.
Auch genieße ich es mich auf die Kultur einzulassen, Einladungen zu folgen und mich auch auf Dinge einzulassen, die im ersten Augenblick gegen die kurzfristigen Ziele stehen und auch mal eine Planung aufzugeben. Hieraus entstehen meist die besten Erinnerungen und Erfahrungen.
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